Die Installation „crossfit“ des Künstlers (und Innsbrucker Bischofs) Hermann Glettler hat in diesem Gang 2015 begonnen – und ist mittlerweile eine Wandinstallation in der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin. Die erneut für diese Ausstellung komponierte Arbeit zeigt verschweißte Plastikkreuze, die einst auf Sargdeckeln montiert wurden und vor der Kremierung der Leichname in ihren Särgen abgenommen wurden. Glettler formte daraus ein Nachdenken über Solidarität, geistlicher Fitness, Zäunen und einer Hoffnung im Kreuz. Der Zwischenstopp dafür ist freilich eine radikale Bildkritik, ein Zugriff auf seine Abbildlichkeit, die kurzzeitig ein Schutzzeichen für die Toten bis zu ihrer Kremierung war. Formt sich hier ein Netz von Toten? Wird es ein Totentanz? Eine tänzerische Vernetzung? Das alte Problem des Bilderverbots wird gerade durch die wichtigste Bildvokabel des Christentums auf eine neue Ebene gehoben.
Während seines einjährigen Paris-Aufenthaltes fand der Künstler (und jetzige Bischof von Innsbruck) Hermann Glettler zunehmendes Interesse an der Befragung populärkultureller Bildwelten. Mit der Marke "Royal Paris" erklärt er scheinbar gefundene Objekte von Stickpackungen in unterschiedlicher Farbauswahl zu Kunst. Das Motiv zeigt eine der wenigen Fotografien der Hand von Pater Pio (1887–1968), der ab 1918 die Stigmata Christi an seinem Körper getragen haben soll: Bei jeder heiligen Messe bluteten die Wunden. Er fand damit nicht nur zunehmende Verehrer, sondern auch große Skeptiker, auch von der katholischen Kirche selbst. Um die Wunden zu verbergen, hatte P. Pio meist fingerlose Handschuhe getragen. Ist das Foto ein Beweis? Ist es Reklame für den derzeit populärsten Heiligen Italiens, der von Papst Johannes Paul II. 1999 selig und 2002 heilig gesprochen wurde? Ein weiterer Teil der ungeheuerlichen Merkantilisierung seiner Marke? Ist das Foto nun wirklich auf die Vorlage übertragen worden und wird es so zum Sticken verkauft? Oder war das vielleicht der künstlerische Akt? Wie fühlt sich das Sticken an, wenn man die Stigmata stickt? Unbeantwortete Fragen, die Teil des Kunstwerks sind. High- und Lowculture in die Debatte von Kunst und Religion einzutragen ,führt dieses Werk Glettlers in einer besonderen Weise vor. Es fordert auch dazu auf, über die Banalisierung von Zeichen, oder auch der sakralsten Zonen gerademit dem Modus von Skepsis nachzudenken.