Neue Musik am KULTUM stellt Werke vor, von denen wir meinen, dass sie künstlerisch herausragend sind oder in einer besonderen Weise innovativ. Sowohl notierte Kompositionen als auch elektroakustische und algorithmische Werke wollen wir hörbar machen bzw. in Form von Künstlerinnengesprächen und Programmmoderationen kurz vorstellen. Unser Fokus liegt dabei auf komponierten bzw. notierten Werken, die inmitten unserer Gegenwart in Graz entstehen oder in der jungen Vergangenheit geschrieben wurden. Demgegenüber lassen wir auch immer wieder Klassiker der Neuen Musik treten.
Das KULTUM arbeitet eng mit exzellenten KünstlerInnen aus der Region zusammen und kooperiert mit zahlreichen Institutionen und Vereinen, die sich dem zeitgenössischen Musikschaffen widmen, wie dem IEM, der anderen saite, der ÖGZM etc.
Nach der erfolgreichen Premiere im Jahr 2021 finden die „Tage der Neuen Klaviermusik Graz“ bereits zum zweiten Mal statt. Vom 2. bis zum 3. Juni 2023 laden wir zu insgesamt vier Konzerten in den Minoritensaal, wo wir die lokale und überregionale Landkarte der aktuellen Klaviermusik erforschen wollen. Der diesjährige Fokus liegt auf jungen Pianist*innen, die eng mit dem Grazer Musikleben verknüpft sind, und uns in ihren neuen Solo-Programmen ihre individuellen Blickwinkel auf das facettenreiche aktuelle Schaffen für Klavier eröffnen. Bereits zum zweiten Mal wird das Festival auch von einem Kompositionswettbewerb begleitet. Die Werke der sechs Finalist*innen, deren kurze Klavierstücke aus zahlreichen Einsendungen ermittelt wurden, werden beim Finale am 3. Juni zur Uraufführung gebracht. Die Gewinner*innen werden im Anschluss feierlich gekürt.
Am 2. März 2022 gestaltete das KULTUM das Musikprogramm des Aschermittwochgottesdiensts in der Grazer Kirche St. Andrä mit. Die Geigerin Daniela Hölbling spielte zeitgenössische Werke für Solovioline von Tomasz Skweres, Kaija Saariaho und des Grazer Komponisten Klaus Dorfegger neben Bachs Partita in d-Moll. Besonders erfreulich war der positive Nachhall der musikalischen Interpretationen: Die vom KULTUM engagierte Musikerin wurde infolge mit diesem Soloprogramm zum renommierten Musikfestival Warschauer Herbst 2022 eingeladen.
Das KULTUM vergab heuer vier Kompositionsaufträge an die Komponist:innen Benedikt Alphart, Alyssa Aska, Matthias S. Krüger und Leonard Erdödy. Das neue Streichquartett von Matthias S. Krüger wurde am 18. März 2022 durch das Ensemble LUX im Cubus erfolgreich zur Uraufführung gebracht. Darüber hinaus war ein weiteres Streichquartett von Thomas Wally zu hören, sowie zwei Streichtrios von Richard Dünser und Alfred Schnittke. Kurator Christoph Renhart führte ein Bühnengespräch mit den anwesenden Komponisten (Dünser, Krüger und Wally).
Die anderen vom KULTUM in Auftrag gegebenen Kompositionen wurden im Rahmen der 1. Blumenbergtage am 29. September 2022 im großen Minoritensaal von Diego Garcia Pliego (Saxofon), Filip Novakovic (Akkordeon) und Benedikt Alphart (Klangregie) uraufgeführt. Diese Veranstaltung fand in enger Zusammenarbeit mit der Sparte für Literatur statt. Die neuen Werke bezogen sich auf die ebenfalls vom KULTUM beauftragten Texte von Lucas Cejpek und Hanno Millesi, die die beiden Autoren selbst vortrugen.
Am 5. Oktober 2022 gastierte das israelische Meitar Ensemble im großen Minoritensaal. Am Programm standen Werke von Talia Amar, Ziv Cojocaru, Amos Elkana, Manuela Kerer und Hannes Kerschbaumer. Edo Frenkel dirigierte das Konzert, das in Kooperation mit der ÖGZM und der Internationalen Paul Hofhaymer Gesellschaft stattfand. Vor dem Konzert gab der israelische Komponist Amos Elkana eine Lecture im Cubus.
Bei zwei Konzerten am 26. April und am 9. November 2022 kooperierte das KULTUM mit dem Grazer Ensemble Zeitfluss. Edo Micic leitete das erste Konzert, in dem Werke von Paul Hindemith, Milica Vujadinovic (UA), Yulan Yu und Klaus Lang gespielt wurden; Antanina Kalechyts dirigierte am 9. November 2022 Werke von Alyssa Aska, Sara Glojnaric, Marko Markus, Daniel Moser und Weiwei Xu.
Darüber hinaus fanden weitere Konzerte in Kooperation mit dem Vokalensemble Cantando Admont und dem Ensemble echo_von_nichts statt. Ende des Jahres übergab Christoph Renhart die Kuratierung der Sparte Neue Musik an den Grazer Komponisten Benedikt Alphart.
In seiner Konzertreihe widmet sich das KULTUM dem großen und schillernden Bereich der Neuen Musik. In die Schublade Neue Musik steckt man landläufig gerne alle ernste Musik, die ab Schönberg entstand und welche sich nicht mehr vordergründig den Mechanismen einer vormals Dur-Moll-tonalen Klangsprache verbunden fühlt. Ein besseres Abstecken dessen, was Neue Musik sein soll, böte ein fragwürdiges Zitat Stockhausens, der 1955 feststellte: "Die Städte sind radiert – und man kann von Grund auf neu anfangen, ohne Rücksicht auf Ruinen und geschmacklose Überreste." Abgesehen davon, dass mindestens seit dem Barock die große Frage nach dem Geschmack nie hinreichend beantwortet werden konnte, und, täte man dies, es einer Pachtung der Wahrheit gleichkäme, ist seit dem Ende des 2. Weltkriegs viel passiert, gesellschaftspolitisch wie ästhetisch. Es versteht sich von alleine, dass beides einher ging.
1958 wurde mit dem Ensemble »die reihe« der erste Klangkörper in Österreich gegründet, der sich ganz der Neuen Musik verschrieb und inmitten einer sehr konservativen Stimmungslage dafür Türen förmlich einrennen musste, um die Werke Weberns, Boulez', Cages, Dallapiccolas usf. einer damals noch kleinen interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Heute ist »die reihe« Geschichte, nicht aber ihr Vermächtnis: Es gibt mehr Spezialensembles für zeitgenössische Musik denn je und eine florierende Szene, die ihr – im Gegensatz zum symphonischen Betrieb auch sehr durchmischtes und junges – Publikum findet.
Neue Musik reicht heute von in klassischer Weise notierten Werken hin bis zu algorithmischen Kompositionen und franst an ihren Rändern in diverse andere Bereiche wie dem Jazz, der Medienkunst oder des Artrock etc. aus. Es wäre in diesem Sinne ein naiver Gedanke, den man gerne Athanasius Kircher zuschreiben möchte, eine enzyklopädische Darstellungsform der ganzen Neuen Musik in einer Konzertreihe zu versuchen.