Museum: Raum 10

Leo Zogmayer: SATZ 7, 2009/2011

„Das Nichts ist indiskutabel“: Das Triptychon von Leo Zogmayer variiert den bekannten Satz Nummer 7 aus Ludwig Wittgensteins Tractatus Logico-Philosophicus: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“. Dabei bricht Zogmayer jedoch die kognitive Struktur und argumentative Gerichtetheit des Satzes auf, indem er die Wörter alphabetisch reiht. Der Satz wird durch den Entzug seiner syntaktischen Ordnung zu einem unscharfen Bild, verflüssigt sich und entfaltet gleichzeitig neue, poetische Möglichkeiten: „DARÜBER KANN MAN | MAN MUSS NICHT | REDEN SCHWEIGEN WOVON“.

Die neue Rhythmik des Satzes erweitert plötzlich einen Deutungsraum: je nach Intention des komponierenden Autors werden andere Bezüge sichtbar. Theologische und teleologische Denkkonventionen, wie sie sich in Wittgensteins Satz auftun, können, müssen aber nicht fortgesetzt werden. Die formale Gestaltung des Werkes als Triptychon macht den Satz lesbar, mit Pausen und Absätzen. Es ist als ob das Stottern neue Interpretationsspielräume öffnete. Die zufällig generierte Poetik des neuen Satzes verlässt bisher darüber Gedachtes, stellt frei, darüber zu sprechen, oder auch zu schweigen. „Wovon“ erscheint als Fragewort hintangestellt ... Hierin liegt wiederum jene Unschärfe, die einen Brückenschlag bedeuten kann zur religiösen Vorstellungswelt, in dessen Kontext Zogmayers Umstrukturierung des Satzes Nummer 7 entworfen wurde: das bildnerische Nachdenken über Gott.

Satz 7, 2009/2011, Hinterglasmalerei: Triptychon, jede Tafel 70x70 cm, KULTUMdepot Graz, aus: 1+1+1=1 Trinität (2011). | Leo Zogmayer

Leo Zogmayer

geboren 1949 in Krems, Österreich, lebt und arbeitet in Wien. Er studierte an der Universität für Angewandte Kunst in Wien bei Herbert Tasquil. Studienaufenthalte in Korea, Japan, Italien und den USA folgten. Er setzt sich mit Kunst im öffentlichen Raum, Sakralräumen und Kunst am Bau auseinander. Seine Werke wurden u.a. in der Albertina Wien, MUMOK Sammlung Ludwig Wien, Folkwang Museum Essen, Hedendaagse Kunst Utrecht gezeigt. Im KULTUM wurde Zogmayer in den Ausstellungen „ entgegen . ReligionGedächtnisKörper in Gegenwartskunst“ (1997) und „1+1+1=1 Trinität“ (2011) und „Dort, wo unsere Sprache endet, komme ich jeden Tag vorbei“ (2014) gezeigt.

born in Krems, Austria, in 1949; lives and works in Vienna. He studied with Herbert Tasquil at the University of Applied Arts Vienna. This was followed by study visits in South Korea, Japan, Italy, and the USA. He deals with art in public space, sacral spaces, and art on the construction site. His works have been shown i.a. in the Albertina, Vienna, in the MUMOK Ludwig Collection, Vienna, the Folkwang Museum Essen, and the Hedendaagse Kunst Collection, Utrecht. Zogmayer’s works were shown in the KULTUM in the exhibitions “ entgegen . ReligionGedächtnisKörper in Gegenwartskunst“ (1997), “1+1+1=1 Trinität“ (2011) and “Dort, wo unsere Sprache endet, komme ich jeden Tag vorbei“ (2014).

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Leo Zogmayer: SENTENCE 7, 2009/2011

“The Nothing Is out of the Question”: Leo Zogmayer’s triptych varies the commonly known Proposition 7 from Ludwig Wittgenstein’s Tractatus Logico-Philosophicus: “Whereof one cannot speak, thereof one must be silent.” Hereby Zogmayer breaks up the cognitive structure and the argumentative directedness of the proposition by sorting the words alphabetically. When deprived of its syntactical order, the proposition because a blurred image, liquefies and at the same time unfolds new poetical possibilities: “DARÜBER KANN MAN | MAN MUSS NICHT | REDEN SCHWEIGEN WOVON“ (THEREOF ONE CAN | ONE NEED NOT | SPEAK BE SILENT WHEREOF)

Suddenly, the new rhythm of the proposition makes room for other interpretations: depending on the intention of the composing author other relations become visible. But theological and teleological conventions of thinking, as arising in Wittgenstein’s proposition, need not be continued. The work’s formal design as a triptych makes the proposition readable, with pauses and paragraphs. It seems that the stuttering opens up new room for interpretations. The randomly generated poetics of the new sentence leaves all previous considerations and leaves it up to us to speak thereof, or to be silent. “Wovon” (whereof) appears postpositive as an interrogative... And this makes up the blurring which can mean bridging the gap to religious imagination in whose context Zogmayer restructured Proposition 7: pictorial thinking about God.

Text aus | Text from: Johannes Rauchenberger: Gott hat kein Museum. Religion in der Kunst des beginnenden XXI. Jahrhunderts. | No Museum Has God. Religion in Art in the Early 21^stCentury. (IKON. Bild+Theologie, hg. von | ed. by Alex Stock und Reinhard Hoeps), Verlag Ferdinand Schoeningh, Paderborn 2015, S. | p. 942-943.