Museum Raum 08

Iris Kettner: M#5, 2008

Das Glück ist ohne Pardon – vor allem in der Wegwerfgesellschaft. Iris Kettner gibt mit ihren Puppenkörpern aus Altkleidern dieser Gesellschaft ein neues Gesicht. Kleidung schützt, wärmt, schmückt und definiert den sozialen Status. Kettners Puppenkörper erinnern an die prekären Situationen, in denen sich vor allem alleinerziehende Mütter oft bewegen. Ihre auf einem Sockel stehende Mutter mit Kind wird zu einer drastischen Madonna in prekärer Balance. Die als „M“ bezeichneten und mit einer Nummer versehenen Madonnen repräsentieren junge Frauen in billiger Kaufhauskleidung, die ein Kind in ihren Armen halten. Die Skulpturen werden durch Titel und Komposition in den Nahbereich christlicher Ikonografie gerückt. Ihr Habitus ist in einem Spannungsbereich von Verlorenheit, Schutzbedürftigkeit und Aggression angesiedelt. Damit setzen die Figuren die medial entweder verdrängten oder verzerrt ausgeschlachteten Probleme sozialer Missstände oder sozialen Scheiterns ins Licht der Aufmerksamkeit. „Ich schaue auf das, was ist, statt Theorien zu entwickeln. Ich stelle keine Strategien dar oder Neuordnungen, sondern lebendige Wirklichkeit ...“

Iris Kettner

geboren 1968 in Mainz, lebt und arbeitet in Berlin. Nach einer Ausbildung als Gürtlerin studierte sie an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle. 2010 erhielt sie einen Lehrauftrag an der KHB Weissensee in Berlin. Ihre Arbeiten wurden u.a. in der Kunsthalle Krems, im Kunsthaus Essen und am Institut für moderne Kunst Nürnberg sowie in der Voltahalle Basel ausgestellt. Im KULTUM wurde Kettner in der Ausstellung „mutter. Neue Bilder in zeitgenössischer Kunst“ (2010) gezeigt.

born in Mainz, Germany, in 1968; lives and works in Berlin. After her apprenticeship as a girdle maker she studied at the Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein, Halle, Germany. She received a lectureship at the KHB Weissensee, Berlin in 2010. Her works were exhibited i.a. in the Kunsthalle Krems, Austria, the Kunsthaus Essen, Germany, at the Institut für moderne Kunst, Nürnberg, and in the Voltahalle, Basel, Switzerland. Kettner’s works were shown in the KULTUM in the exhibition “mutter. Neue Bilder in zeitgenössischer Kunst“ (2010).

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Iris Kettner: M#5, 2008

Happiness has no mercy—in particular, in our throwaway society. With her puppet bodies made of old clothes, Iris Kettner puts a new complexion on this society. Clothing protects us, warms us, adorns us, and defines our social status. Kettner’s puppet bodies remind of precarious circumstances which are above all experienced by single mothers. Her Mother with Child standing on a pedestal turns into a radical Madonna in a state of precarious balance. The Madonnas titled with “M” and a number are young women in cheap off-the-shelf clothing holding a child in their arms. Through their title and composition, the sculptures are closely related to Christian iconography. Their habitus is located in the area of tension between forlornness, need for protection, and aggression. Thus the figures highlight the issue of social evils or social failures which have either been suppressed or exploited in a distorted manner by the media. “I look at what exists instead of developing theories. I don’t represent any strategies or rearrangements but vibrant reality ...”

Text aus | Text from: Johannes Rauchenberger: Gott hat kein Museum. Religion in der Kunst des beginnenden XXI. Jahrhunderts. | No Museum Has God. Religion in Art in the Early 21^stCentury. (IKON. Bild+Theologie, hg. von | ed. by Alex Stock und Reinhard Hoeps), Verlag Ferdinand Schoeningh, Paderborn 2015, S. | p. 842.