Raum Museum 06

Zweintopf: Jacke 1 (Topline 10 mm), 2010

Moderne Folter gestaltet sich bekanntlich anders als im Kleide der grausamen Marterwerkzeuge von einst. Sie wirkt subtiler. Das Grazer Künstlerpaar zweintopf hat für diese Form der Gewalt eine entsprechende Bildsprache entwickelt. Es erscheint ein Herz an der Brust, doch dieses ist lediglich die Kontaktstelle für den aus dem Stromtransformator leitenden Stromdraht zum weißen Kleid, das von einem feinen Drahtgewebe durchzogen ist und somit das Kleid in eine elektrische Spannung versetzt. Das Kleid der vermeintlichen Unschuld ist einer größeren Arbeit entnommen, das an Intensivmedizin erinnert und einen Aufwachraum nachbaut. Das Herz des „Mitleids“ als die Kontaktstelle für das elegante Töten. Es eröffnet Assoziationsfelder von Folter und Todesstrafe, hin zum Euphemismus der „Gnadenspritze“.

Jacke 1 (Topline 10 mm), 2010. Material: Metallständer schwarz, Zaungerät Voss NV 100, Elektrobreitband 10 mm Topline, 2010. Schenkung des Künstlerpaars anlässlich der Zuerkennung des Kunstpreises der Diözese Graz-Seckau 2010. KULTUMdepot Graz, aus: | Zweintopf

Zweintopf

Eva und Gerhard Pichler, geboren 1981 bzw. 1980 in Graz, Österreich, leben und arbeiten in Gniebing-Weißenbach (Südoststeiermark). Eva Pichler besuchte die Meisterschule für Kunst- und Gestaltung (Malerei) in Graz, studierte Kunstgeschichte sowie Ausstellungs- und Museums-design in Graz. Gerhard Pichler studierte Architektur und Philosophie in Graz. Das Künstlerpaar befasst sich seit 2006 mit räumlichen Interventionen. 2010 erhielten sie den Kunstpreis der Diözese Graz-Seckau. 2014 wurde „zweintopf 07-07“ publiziert. Arbeiten von zweintopf wurden u.a. in Berlin, Glasgow, Wien, Sarajevo, Münster, Hamburg und Budapest ausgestellt. Im KULTUM wurde zweintopf in den Ausstellungen „1+1+1=1 Trinität“ (2011), „IRREALIGIOUS! Parallelwelt Religion in der Kunst“ (2011/12) und „MITLEID | compassion” (2012) gezeigt.

Eva und Gerhard Pichler, born in 1981 and 1980; live and work in Graz. Eva Pichler attended the Master School for Art and Design (Painting) in Graz, and studied Art History and Exhibition and Museum Design in Graz. Gerhard Pichler studied Architecture and Philosophy in Graz. The artist couple has dealt with spatial interventions since 2006. They received the Art Award of the Diocese of Graz-Seckau in 2010. “zweintopf 07-07“ was published in 2014. zweintopf’s works have been exhibited i.a. in Berlin, Glasgow, Vienna, Sarajevo, Münster, Hamburg and Budapest. zweintopf’s works were shown in the KULTUM in the exhibitions “1+1+1=1 Trinität“ (2011), “IRREALIGIOUS! Parallelwelt Religion in der Kunst“ (2011) and “MITLEID | compassion” (2012).

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Zweintopf: Jacke 1 (Topline 10 mm), 2010

As we know, modern torture is different from the way atrocious instruments of torture were used in the past. It appears subtler. The Graz-based artists’ couple has developed an appropriate visual language for this form of violence. A heart appears on the chest; but it is only the point of contact for the electricity from the current transformer conducted to the white dress, which—as the dress as filled with a delicate wire mesh—appliesvoltage through an electric wire. The dressed with its presumed innocence has been taken from a larger work which, as a replica of a recovery room, reminds of intensive care. The heart of “compassion” as the point of contact for elegant killing. It opens up connotative fields ranging from torture and death penalty to the euphemism of the “syringe of mercy”.

Text aus | Text from: Johannes Rauchenberger: Gott hat kein Museum. Religion in der Kunst des beginnenden XXI. Jahrhunderts. | No Museum Has God. Religion in Art in the Early 21^stCentury. (IKON. Bild+Theologie, hg. von | ed. by Alex Stock und Reinhard Hoeps), Verlag Ferdinand Schoeningh, Paderborn 2015, S. | p. 692-693.