Museum: Raum 03

Zenita Komad: LIEBE DEINEN NÄCHSTEN, SEHR, 2012

„Die abstrakteste Liebe ist die Nächstenliebe“? Wir werden in dieser Arbeit zu Lesenden einer anderen Sprache. Als ob es Pretiosen einer Wunderkammer wären: Die verschiedenen bunten Wachsabgüsse von Händen sind zwar in Reih und Glied sorgsam angeordnet, doch sie scheinen im Gesamtensemble äußerst lebendig miteinander im Gespräch zu sein. In der Tat waren am Entstehungsprozess dieser Wachsabgüsse viele unterschiedlich denkende Menschen beteiligt: „LIEBE DEINEN NÄCHSTEN, SEHR“ ist die Auflösung auf Zeichenebene im Medium von Buchstaben, was als Aufforderung die Gebärdensprache dieser Hände leistet. Zudem ist die Materialität der Hände aus Wachs, in deren Mitte Dochte stecken: Man könnte sie alle als kostbare Kerzen auch verbrennen. Die skulpturale Hände-Installation Zenita Komads, für die Ausstellung „I LO VE GOD“ entstanden, zitiert unmittelbar den Kern jesuanischer Ethik (Mt. 22, 37-39), doch lässt sie den zweiten Teil des bekannten Logions („… wie dich selbst“) weg, und intensiviert stattdessen noch den ersten. Zenita Komad hat sich mit ihrer Kunst und ihrem „Zenita Universe“, an der auch andere KünstlerInnen partizipieren, eine altruistische Gesellschaft zum Ziel gesetzt. Sie nimmt dabei auch offen unterschiedliche religiöse und weisheitliche Lehren in Anspruch, nicht im Sinne von Eklektizismus, sondern von Schnittmengen hin zum Guten. Kunst, so Komad, muss zur Überwindung des „Egoismantra“, das sich als Gift durch alle Handlungsstränge unserer Welt gezogen hat, beitragen.

LIEBE DEINEN NÄCHSTEN, SEHR, 2012 Wachsabgüsse mit Dochten Dimensionen variabel KULTUM depot Graz, aus: Zenita Komad: I LO VE GOD (2012) | Zenita Komad

Zenita Komad

geboren 1980 in Klagenfurt, lebt und arbeitet in Wien. Komad studierte an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien Bühnenbild und Grafik sowie Mixed Media an der Akademie der Bildenden Künsteebenda. Studienaufenthalte führten sie nach Bamberg, Los Angeles und Paris. Sie lebte einige Jahre in Israel. Komads Gemälde und Kollagen sind visualisierte Analysen von Symbolen, Bedeutungen, Sprache, Missverständnis, Spiritualität, Sehnsucht und Bewusstsein. Mittels Wortspielen und Collagetechnik bezieht die Künstlerin ironisch und kritisch zwischen Populär- und Hochkultur Stellung. Die MAK-Schindler-Stipendiatin (2007) wurde 2014 mit dem Förderpreis für Wissenschaft und Kunst der Stadt Wien ausgezeichnet. Ihre Arbeiten wurden u.a. in Wien, Paris, Köln, Berlin, Zürich, Mumbai und Peking gezeigt. Im KULTUM wurde Komad in den Ausstellungen „IRREALIGIOUS! Parallelwelt Religion in der Kunst“ (2011/12), „Zenita Komad: I LOVE GOD“ (2012), „reliqte, reloaded: Zum Erbe christlicher Bildwelten heute” (2015/16), „VULGATA. 77 Zugriffe auf die Bibel“ (2017) und in der mit dem MMKK – Museum Moderner Kunst Kärnten realisierten Doppelausstellung: "Zenita Komad: NIE WIEDER KRIEG!" (2023/24) gezeigt.

born in Klagenfurt, Austria, in 1980; lives and works in Vienna. Komad studied Stage Design and Graphic Design at the University of Applied Arts Vienna, and Mixed Media at the Academy of Fine Arts Vienna. She visited Bamberg, Germany, Los Angeles, and Paris in the frame of study trips. Komad’s paintings and collages are visualized analyses of symbols, meanings, language, misunderstanding, spirituality, desire, and consciousness. By means of puns and collage, the artist ironically and critically takes a stand between popular and high culture. The MAK-Schindler scholarship holder (2007) received the Advancement Award for Science and Art of the City of Vienna in 2014. Her works were exhibited i.a. in Paris, Cologne, Berlin, Zürich, Mumbai, and Beijing. Komad’s works were shown in the KULTUM in the exhibitions “IRREALIGIOUS! Parallelwelt Religion in der Kunst“ (2011/12) and “Zenita Komad: I LOVE GOD“ (2012).

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Zenita Komad: LOVE THY NEIGHBOR, VERY MUCH, 2012

“The most abstract kind of love is brotherly love”? In this work, we are turning into readers of another language. As if they were precious items of a cabinet of wonder: To be sure, the different colorful wax casts of hands are carefully arranged in rank and file but they seem to be engaging in an extremely lively dialog in their overall arrangement. In fact, many different people with different mindsets were involved in the process of creation of these wax casts. On the symbolic level and executed in the medium of letters “LIEBE DEINEN NÄCHSTEN, SEHR“ (LOVE YOUR NEIGHBOR, VERY MUCH) solves what the sign language of these hands expresses as a call. Moreover, the material of the hands is wax, with wicks sticking in their center: One could also burn them all as precious candles. Zenita Komad’s sculptural installation of hands she created for the exhibition “I LO VE GOD” directly quotes the essence of Jesuan ethics (Matthew 22:37-39) but leaves out the second part of the well-known logion (“...as yourself”) and intensifies the first one instead. With her art and her “Zenita Universe“, which she shares with other artists too, Zenita Komad has always aimed for an altruistic society. Thereby she also openly makes use of different doctrines of religion and wisdom, not in the sense of eclecticism but of intersections toward the good. Art, says Komad, must contribute to overcoming the “Egoismantra” (i.e. mantra of selfishness) which has permeated all lines of action of our world like venom.

Text aus | Text from: Johannes Rauchenberger: Gott hat kein Museum. Religion in der Kunst des beginnenden XXI. Jahrhunderts. | No Museum Has God. Religion in Art in the Early 21^stCentury. (IKON. Bild+Theologie, hg. von | ed. by Alex Stock und Reinhard Hoeps), Verlag Ferdinand Schoeningh, Paderborn 2015, S. | p. 386-387