Museum: Raum 01

Maaria Wirkkala: LADDER, 2011

Wer eine Leiter aus Glas erklimmen will, muss es der Seele oder dem Geist überlassen – sonst bricht diese imaginäre Aufstiegshilfe. Maaria Wirkkala hat seit fast 30 Jahren an immer neuen Orten dieser Welt die Poesie des Überstiegs dem imaginären Gedächtnis eingepflanzt. Ausgerechnet mit der Materialität zerbrechlichen Glases definiert sie ein Oben und ein Unten, ein Endliches und ein Unendliches zugleich. Gleichzeitig ist die Leiter wiederum nicht einfach nur der Ort der Aufstiegshilfe, sondern Visualisierung des Unsichtbaren im Modus des Schattens und im Modus des Möglichen. Maaria Wirkkala eröffnet den Betrachtern damit eine weitere Ebene der Immaterialität. Die Substanzlosigkeit des Schattens lässt das durchsichtige Glas sogar konkretere Gestalt annehmen. Eines der großen Themen der Kunst, aber vor allem auch der Religionen stellt sich dabei ein: Ist es möglich, das Unsichtbare sichtbar werden zu lassen? Maaria Wirkkala bewegt sich in einem Offenlegen und Ausloten der Grenzen zwischen materieller und geistiger Welt, wodurch zu guter Letzt auch Bewegung im Sinne mentaler Denkprozesse entsteht.

Aber es ist nicht die Leiter an sich, die den mentalen Aufstieg leitet, sondern es ist der Ort mitgenommen, in dem sie sich befindet, und dem damit eine Bedeutung zugesprochen wird. Und auch die Materialität, aus der sie entwächst – sei sie Farbpulver, Staub, Steine oder ein alter Balken wie hier.

LADDER, 2011 Mundgeblasenes Glas 220 x40x4 cm Hand blown glass 220 x40x4 cm KULTUMdepot Graz, aus / from: Maaria Wirkkala: SHARING (2011) | Maaria Wirkkala

Maaria Wirkkala

geboren 1954 in Helsinki, Finnland, lebt und arbeitet in Espoo, Finnland. Sie studierte dort an der University of Art and Design sowie an der École des Beaux Arts in Aix-en-Provence. Seit den 1980er Jahren schafft sie vorwiegend ortsspezifische Installationen. Sie nahm an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil, wie der Istanbul Biennale (1995 und 1997), der Biennale von Venedig (1995, 2001 und 2007, zuletzt als Vertreterin Finnlands), der Echigo Tsumari Trennale (2003 und 2006), der Yokahama Triennale Japan (2005). Im KULTUM wurde Wirkkala in der Ausstellung „Maaria Wirkkala: SHARING“ (2011), sowie in den Gruppenausstellungen „HIMMELSCHWER. Transformationen der Schwerkraft“ (2003), „MITLEID | compassion” (2012), „reliqte, reloaded: Zum Erbe christlicher Bildwelten heute” (2015/16) und „VULGATA. 77 Zugriffe auf die Bibel“ (2017) gezeigt.

born in Helsinki, Finland, in 1954; lives and works in Espoo, Finland. She studied at the University of Art and Design of her home town and at the École des beaux arts in Aix-en-Provence, France. She has mainly created site-specific installations since the 1980s. Her works were exhibited i.a. at the 4th and 5th Istanbul Biennale and the 42nd, 45th, and 48th Venice Biennale. Wirkkala’s works were shown in the KULTUM in the exhibitions “HIMMELSCHWER. Transformationen der Schwerkraft“ (2003), “Maaria Wirkkala: SHARING“ (2011) and „MITLEID | compassion” (2012).

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Maaria Wirkkala: LADDER, 2011

Who wants to climb up a ladder made of glass must leave this to the soul or the mind—otherwise, this imaginary help for ascent breaks. For almost 30 years, Maaria Wirkkala has implanted this poetry of transcendence into the imaginary memory in always new places in this world. By means of the materiality of fragile glass of all things she defines an above and a below, something finite and infinite at the same time. In turn, the ladder is not simply only the place with help for ascent but the visualization of the invisible in the mode of the shadow and in the mode of the possible. With this, Maaria Wirkkala opens up another level of immateriality to the viewers. The insubstantiality of the shadow lets the transparent glass even take more concrete shape. One of the great themes of art, but above all of religions too, comes in here: Is it possible to make the invisible visible? Laying bare and sounding out the borderlines, Maaria Wirkkala moves between the material and the spiritual world Maaria Wirkkala, which in the end also brings forth movement in the sense of thought processes.

But it is not the ladder itself that guides the mental ascent but the place where it is situated which is included, and thus attributed meaning. And this also goes for the materiality it grows out of—pigment powder, dust, stone or an old beam like here.

Text aus | Text from: Johannes Rauchenberger: Gott hat kein Museum. Religion in der Kunst des beginnenden XXI. Jahrhunderts. | No Museum Has God. Religion in Art in the Early 21^stCentury. (IKON. Bild+Theologie, hg. von | ed. by Alex Stock und Reinhard Hoeps), Verlag Ferdinand Schoeningh, Paderborn 2015, s. | p. 154-155