GOTT HAT KEIN MUSEUM. Jubiläumsschau über Aspekte zu Religion in Kunst der Gegenwart

Die Schau ist in zehn thematische Abteilungen gegliedert: heritage | Erbe (01), bodies & souls | Körper & Geist(er) (02), faith & knowedge | Glaube & Wissen (03), final things | Letzte Dinge (04), sacred spaces | Heilige Räume (05), icons | Heilige Bilder (06), fundamentalism | Fundamenalismus (07), God's codes & witnesses | Zeichen & Zeuginnen (08), Christian codes (09), Wunder & Widersprüche (10)
Antennen für den Himmel, ein Wasser im Becken des Künstlers: Eine frühe Arbeit von Zlatko Kopljar (1995!) steht im Reffettorio - in der Abteilung über "bodies & souls", Foto: N. Pollauf
50 Jahre KULTUM – das ist für mich ein Anlass, in Zeiten, wo bisherige Gewissheiten vollkommen zu zerbröseln scheinen, ein öffentliches Statement zu setzen: Mit mehr als 150 Ausstellungen hat das KULTUM in den letzten 25 Jahren unter meiner künstlerischen Leitung konsequent einen Fokus verfolgt, der der Frage nachgeht, wie Religion in der Kunst der Gegenwart vorkommt. Allein die Behauptung, ich weiß, ist sehr prekär: Wurde doch die Existenz Gottes selbst spätestens seit Friedrich Nietzsche bestritten. (In der Ausstellung ist Gott von seinem Arbeitsplatz auch mal fünf Minuten weg, während das Nokia-Handy immer wieder läutet, dahinter liest selbst der Heilige Papst Johannes Paul II. Nietzsche... In anderen Beiträgen ist er aber auch schlicht da, als ein "Wir", Wittgensteins berühmter Satz 7 wird alphabetisch gereiht und es kommt ein Stammeln heraus...) Seither gibt es Bilder der Bestreitung, der Ironie, der Blasphemie.
Aber es gibt auch solche völlig neuer Interpretationen von überkommen geglaubten Ikonografien – hier vor allem in zentralen Codierungen des Christentums, wie Kreuz, Madonna und Abendmahl.

Bettina Rheims/Serge Bramly
La maison de Nazareth, avril 1997, Ville Evrard, 1997
aus der Serie: "Bettina Rheims/Serges Bramly: I.N.R.I."
KULTUMUSEUM Graz, aus: VULGATA. 77 zeitgenössische Zugriffe auf de Bibel (2019)

Hermann Glettler, crossfit, 2015/25, Sargkreuze, verschweißt, GOTT HAT KEIN MUSEUM. Aspekte von Religion in Kunst der Gegenwart (2025) Foto: J. Rauchenberger
... und es gibt das bleibende, existenzielle Thema von Anfang und Ende, von Körper und Seele, von zu bestreitender Endlichkeit und einer Sehnsucht nach Transzendenz.

Maaria Wirkkala: Beyond this Point, 2020, Glasleiter, Stahl, Tennenrot-Sand, Ausstellungsansicht: GOTT HAT KEIN MUSEUM. Aspekte von Religion in Kunst der Gegenwart (2025) Foto: A. Babahmetovic
... und es gibt sogar, was keiner mehr sagt, das "Jüngste Gericht" in dieser Schau. Eine ganze Armee steht dafür parat, während Kinder auf einem alten Baum sitzen und die Sonne spiegeln. Für sie gilt das NUNC PRO TUNC von 1 Kor 13,12: "Jetzt aber sehen wir wie durch einen Spiegel dunkle Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht."
Alois Neuhold, Abfall-Seelen einer Achtloswelt –
Lautloser Aufstand farblichtgeballt –
Eine Anblick-Armee, „Jüngstes Gericht“... 2020-2024
49 tlg., Abfallmaterial, Karton, Acryl, Courtesy des Künstlers
Ausstellungsansicht: GOTT HAT KEIN MUSEUM. Aspekte von Religion in Kunst der Gegenwart (2025)
ADRIAN PACI
Per Speculum (Filmstill I), 2006
KULTUMUSEUM Graz, aus: Vertraut und fremd. VULGATA. 77 zeitgenössische Zugriffe auf die Bibel (2019)
... und es gibt die Frage nach dem Ort Gottes und seinen Räumen. Barocke Kirchengrundrisse und Unterwäsche werden etwa an einer Wand verschmolzen. Eine Madonna, die vor 500 Jahren vor den Türken von den Engeln gerettet wurde und nach Rom gebracht wurde, wird via Skype wieder zurückgebracht nach Albanien... Menschen werden im vollen Berliner Dom fotografiert - aber diese beten nicht, sondern warten auf ein Konzert...

Lena Knilli, Kirchengrundriss und Becken, 2010–2012 (Serie), Transparentpapier auf Karton, Klebestreifen, 59,5 x 43 cm, KULTUMUSEUM Graz, aus: Seelenwäsche (2013), Ausstellungsansicht: GOTT HAT KEIN MUSEUM. Aspekte von Religion in Kunst der Gegenwart (2025)
Foto: J. Rauchenberger
... und es gibt die Frage nach den "heiligen Bildern", also den "Ikonen". Sie werden zum Ort der Sehnsucht nach einer anderen Welt. Oder sie sind auch nach 35 Jahren noch lebendig und fließen aus... Oder sie werden selbständig und entlaufen im Bild...

Heribert Friedl, 100 POEMS, 2021–2024,
Acryl auf MDF-Platten, unterschiedliche Größen, Ausstellungsansicht: GOTT HAT KEIN MUSEUM. Aspekte von Religion in Kunst der Gegenwart (2025) Foto: J. Rauchenberger
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Wilhelm Scherübl, Steinbild (Vera Icon) Tropfen, 1987–89,
Triptychon, Leinöl auf Jute, KULTUMUSEUM Graz, aus: Wilhlelm Scherübl: GEHEN & VERGEHEN (2023), Foto: Andrew Phelps

Judith Zillich, Ikonen, 2021–22,
Ausstellungsansicht: GOTT HAT KEIN MUSEUM. Aspekte von Religion in Kunst der Gegenwart (2025), Foto: J. Rauchenberger
