Diese Frage wurde lange nicht gestellt. Oder auch heftig verneint. Oder nur mehr mit Blasphemie oder fernem Zitat beantwortet. Denn Religion hat in ihren kulturellen Artefakten den Geruch des Vergangenen, die Aura von Macht und Herrschaft – oder später einfach von Mittelmäßigkeit und Kitsch. Ihr Gehalt erscheint entleert und ausgemalt. Am Beginn dieses Jahrtausends erhält die Frage ein neues Interesse: Ein „post-säkularer Blick“, geschichtliche Daten wie 9/11 und der heraufziehende religiöse Fundamentalismus, Globalisierungsprozesse, die auch und gerade an den Religionen nicht halt machen, die Corona-Pandemie, das Potential für Widerstand durch Religion, die mediale Inanspruchnahme religiöser Bildwelten und die schlichte Übersättigung eines am Nutzen orientierten Gebrauchsdenkens und Weltgefühls sind treibende Momente einer neuen Auseinandersetzung mit einem uralten Thema, das zwischenzeitlich erledigt erschien.
Diesen Aspekten widmet sich das KULTUM-Museum. Es ist nicht einfach ein Ort, der zu besuchen wäre, es ist vielmehr ein Museum in der Zeit, in das man immer wieder geht. Seine Werke der ständig wachsenden Sammlung lagern im Depot. Das geistige Potential ist dort für die Zukunft gespeichert. Als ein imaginäres Museum aber besteht es aus zehn Räumen, die Sie hier durchschreiten können. Während die Erosion des Religiösen und der Kirchlichkeit in rasender Geschwindigkeit voranschreitet, gibt es in der Kunst weitgehend unbemerkt Spuren des Transzendenten, subtile wie klar formulierte Einsichten über die Strukturen von Religion und Glaube – gerade auch in ihren radikalisierten Formen von "blindem Glauben" und Fundamentalismus –, Bildbehauptungen als Präsenz und ethischen Appell, die hier mit der Erfahrung einer langen kuratorischen und konsequenten Arbeit behutsam aufgelesen werden. Sie nicht zu beachten wäre ein grobes Versäumnis im Fortschreiben von Religionsgeschichte in der Moderne, ja ein unbekümmert naives Beipflichten einer wohlfeilen Säkularisierungstheorie. Um diesen größeren Fragen nachzugehen ist das KULTUM auch ein Museum vor der Zeit. Es reflektiert dabei die Bildgeschichte des Christentums aus der Sicht der Gegenwart.
Die Flöten auf dieser Seite, die der arte-povera-Künstler Eduard Winklhofer in der Ausstellung "nichtvonmenschenhand" 2013 durch die historischen Fenster des aus dem 17. Jahrhundert stammenden Minoritenklosters gesteckt hat, lassen nicht nur an grobe Verführungsstrategien der Kirche in der Geschichte dieses Landes denken, sondern im Kontext der hier besprochenen Fragen auch den biblischen Satz in Erinnerung rufen: "Wir haben euch auf dem Marktplatz mit der Flöte aufgespielt und ihr habt nicht getanzt" (Lk 7,32).