7. Themenführung mit Kurator Johannes Rauchenberger zum Thema: "Ikonen" (Mutter Gottes)
Dem „heiligen Raum“ entspricht das „heilige Bild“. Auch in ihm wird göttliche Präsenz vermutet. Es wird ihm eine Wirkkraft zugesprochen.
In der christlichen Bildgeschichte hat es vor allem ein Gesicht: jenes von Christus, der Mutter Gottes oder den Heiligen im Himmel. In der Auffassung der Orthodoxie ist die Ikone auch unveränderbar, sie trotzt jedweder Neuerung. Allein schon dadurch ist sie aus der Gegenwartskunst eigentlich ausgeschlossen. Die Ikone ist der Abdruck eines Urbildes, ein Blick aus einer anderen Welt. Doch es gibt Aspekte von ihr, die zeitgenössisch interessieren: Der Blick, die Dauer, die Ansprache ins Jenseits, die Beziehung, das lebendige Bild.
Die Abteilung geht mit Werken von Adrian Paci, Heribert Friedl, Judith Zillich, Bertram Hasenauer, Wilhelm Scheruebl und Alois Neuhold diesen nach.
Ein besonderes Augenmerk wird - passend zum Weihnachtsfest - auf die Ikonen von Judith Zillich gelegt: Die in Wien lebende Künstlerin ist special guest der Themenführung. Sie stellt sich mit dem für westliche Kunstohren provokanten Titel „MUTTER GOTTES“ der ostkirchlichen Ikone. Dabei ist sie freilich keine Ikonenmalerin. Aber während eines Auslandsstipendiums in Lwiw (Ukraine) erlernte sie in einer Ikonenmalschule der griechisch-katholischen Universität die alten Maltechniken. Während sie sich freiwillig den Regeln der Ikonen-Malerei unterwarf, begannen sich im Zuge ihrer Auseinandersetzung die Einzelteile eines Ikonengesichts zu verselbständigen. Dieses Binnenleben interessierte Judith Zillich zunehmend, was in Folge an dieser Werkserie in Eitempera auf Papier so besticht, die aus mehr als 100 Variationen besteht. Das Zueinander von Mutter und Kind nimmt völlig unvorhersehbare, mitunter auch unanständige Formen an. Es entwickelt sich dabei ein eindrucksvolles Eigenleben an Zeichen und Symbolen, die Transformationen einer Beziehung darstellen, die von zarten Gesten bis zu Monstern reichen.
Das sogenannte „Schreiben von Ikonen“ führt Judith Zillich vor allem auch auf die ganz außerordentlichen Symbole zurück, aus denen sie bestehen. Sie finden sich im Mund, im Auge, in der Nase, überall, wo Linien die Flächen begrenzen oder strukturieren. Diese Erkenntnis führt sie an mehr als 100 Einzelbildern vor.