Museum: Raum 10

Oswald Putzer: CODE FÜR DEN DREIEINIGEN GOTT, 2011

Mit dem „Code für den dreieinigen Gott“ begann der Wiener Künstler Oswald Putzer eine Werkserie aus Spiegeln und Buchstaben: Es sind benutzbare Skulpturen. Die erste besteht auf der einen Seite aus drei nebeneinander angeordneten Spiegeln, auf denen in strenger Ordnung typografische Lettern angebracht sind, auf der anderen Seite aus dem Betrachter mit einem Handspiegel.

Blickt der Betrachter oder die Betrachterin richtig positioniert vermittels des leeren Spiegels auf einen Textspiegel, dreht sich in physikalischer Gesetzmäßigkeit die gespiegelte Schrift und der codierte Text wird lesbar. Indirekt, über den leeren Spiegel betrachtet, lassen sich die Inschriften entschlüsseln und können entziffert werden: in der zentralen Tafel: „ICH BIN DER ICH BIN“, in den seitlichen Tafeln die Buchstaben „INRI“ bzw. „INDRI“ – als deckungsgleiche Verdoppelung des mittleren Schriftbildes. Zusammen bilden die Spiegel ein Dreieck des Sehens in einem unendlichen Sehraum.

Im Erkennen eines gelösten Schriftzuges, erblickt man zugleich sich selbst, die zweite dechiffrierte Schrift , und in seinem Rücken und die Unendlichkeit durch jene Spiegelungen, die gerichtete Spiegel gemäß den Regeln der Optik erzeugen. Tatsächlich sieht man also gleichzeitig alle drei Spiegel, einen unendlichen Raum und sich selbst mitten darin.

Die Arbeit ist ein physikalisches und gedankliches Gleichnis. Der „Code für den dreieinigen Gott“ ist ein angewandtes Rätsel. Die Gottesoffenbarung am brennenden Dornbusch (Ex 3,14) steht auf der mittleren Bildtafel im Zentrum, der Kreuztitulus INRI, ebenso wie JHWH ein Tetragramm, für den Sohn, das „IN DIR“ für den Heiligen Geist.

Code für den dreieinigen Gott, 2011, 3 Spiegelplatten, ca. 180x90 cm, sandgestrahlt, lackiert, KULTUMdepot Graz, aus: 1+1+1=1 Trinität (2011) | Oswald Putzer

Oswald Putzer

geboren 1971 in Salzburg, Österreich, lebt und arbeitet in Wien. Er studierte Architektur an der Universität für Angewandte Kunst in Wein und absolvierte die Meisterklasse für Bildhauerei bei Michelangelo Pistoletto an der Akademie der Bildenden Künste ebenda. Der Künstler arbeitet in den Bereichen Performance und Kunst im öffentlichen Raum, gestaltet Installationen und Objekte. Seine Arbeiten wurden u.a. in Salzburg und Wien ausgestellt. Im KULTUM wurde Putzer in der Ausstellung „1+1+1=1 Trinität“ (2011) gezeigt, bei der er den Publikumspreis erhielt.

born in Salzburg in 1971; lives and works in Vienna. He studied Architecture at the University of Applied Arts Vienna and attended Michelangelo Pistoletto’s master class for Sculpture at the Academy of Fine Arts Vienna. The artist works in the fields of performance and art in public space, and he creates installations and objects. His works were exhibited i.a. in Salzburg and Vienna. Putzer’s works were shown in the KULTUM in the exhibition “1+1+1=1 Trinität“ (2011), where he received the audience award.

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Oswald Putzer: CODE FOR THE TRIUNE GOD, 2011

With the “Code for the Triune God”, the Vienna-based artist Oswald Putzer started a series of works consisting of mirrors and letters—usable sculptures. The first one consists on the one hand of three mirrors arranged side by side on which typographical letters are applied in strict arrangement, on the other, of the viewer holding a hand mirror.

If the viewer looks at a text mirror from the right position via the empty hand mirror, the mirrored writing turns following the laws of physics and the coded text becomes readable. Viewed indirectly by means of the empty hand mirror, the inscriptions can be decoded and deciphered: on the central panel: I AM WHO I AM”, in the side panels the lettering “INRI” and/or “INDRI”—as the congruent doubling of the central typeface. Together, the mirrors form a triangle of seeing in an infinite field of vision.

When one perceives a deciphered writing one simultaneously sees oneself, the second deciphered writing: on one’s back and infinity via the mirroring created by specifically adjusted mirrors following the laws of optics. Thus one actually sees all three mirrors simultaneously, an infinite space and oneself right in the middle of it.

This work is a physical and mental allegory. The “code for the Triune God” is an applied conundrum. God manifesting himself from within a burning bush (Exodus 3:14) takes center stage in the central panel; INRI, the title of the cross as well as JHWH are tetragrams stand for the Son; and the “IN DIR” for the Holy Spirit.

Text aus | Text from: Johannes Rauchenberger: Gott hat kein Museum. Religion in der Kunst des beginnenden XXI. Jahrhunderts. | No Museum Has God. Religion in Art in the Early 21^stCentury. (IKON. Bild+Theologie, hg. von | ed. by Alex Stock und Reinhard Hoeps), Verlag Ferdinand Schoeningh, Paderborn 2015, S. | p. 924-925.