Wie kann, soll und darf man Fragen und Begehren der Religion, des Glaubens und der Kirche als öffentliches Werben um Zustimmung verhandeln? Das steht im Hintergrund des KULTUM-Beitrags zu „Kunst der Verführung – 100 Jahre graphic design“.
Sein gar nicht zeitgemäßer Titel DE PROPAGANDA FIDE wurzelt in einer Zeit, der der Slogan gar nicht peinlich erschien und die das öffentliche Erscheinungsbild von Kirche in diesem Land noch immer nachhaltig prägt: im Barock. Er erzählt von begeisterter Reform mit Bild und Verführung. Die Fresken des neu renovierten Minoritensaals, aber auch Fassade und Bilder der Mariahilferkirche vor Ort sind dafür leuchtende Beispiele, die Teil der Ausstellung werden.
Der Ausstellungstitel markiert aber auch eine Peinlichkeit, die in der Doppelbödigkeit besteht, wenn es um religiöse Werbung geht: Sichtbar ist diese Janusköpfigkeit in der Allianz von Messianismus und Macht, von moralischen Appellen und Scheinheiligkeit, von Religion und Nationalismus, Glaube und Irrationalität, von Betteln und Reichtum und so fort. Gemeinsam mit historischen Werken vor Ort und mit solchen zeitgenössischer Kunst, die diese Doppelbödigkeit im Blick haben, werden Plakate der „Katholischen Kirche in der Steiermark“ seit Beginn der 1970er Jahre gezeigt, die von Selbstkritik, einer Einmischung in die Gesellschaft und vom Mut zur Kirchenreform erzählen. Die aber stecken blieb! Die in diesen Plakaten sichtbar werdenden massiven Reibungsflächen machen sie zur Vorhut für spätere kirchliche (und gesellschaftliche) Großkonflikte. Auch wenn sie jetzt musealisiert erscheinen – gerade darin wird die Ausstellung für mögliche Zukunftsperspektiven aktuell: denn wie auch viele anderen Sektoren der Gesellschaft stellt sich derzeit auch der kirchliche und religiöse völlig neu auf.
Mit einer In-situ-Intervention von zweintopf, historischen Werken von Giovanni Pietro de Pomis, Antonio Maderni, Johann Baptist Raunacher, Philipp Jakob Straub, Joseph Adam Mölck und zeitgenössischen Arbeiten von Karl Neubacher/Hans Georg Tropper, Lukas Pusch, Ewa Harabasz, Nives Widauer, G.R.A.M., Hannes Priesch, Marianne Maderna, Richard Kriesche, Alois Neuhold, Christian Bretter, büro bauer/Wien