Das Bildnis von Q. Ein Kurzfilm von Hartwig Bischof in memoriam Michel de Certeau
Michel de Certeau (1925-1986), einer der zentralen Gründungsfiguren der Cultural Studies, dessen Geburtstag sich am 17. Mai 2025 zum 100. Mal jährte, gehörte zu den außergewöhnlichsten Denkern seiner Generation. Als intellektueller Wanderer zwischen mehreren wissenschaftlichen Disziplinen erschloss er vor allem Auswirkungen der Spiritualitätsgeschichte auf unsere Gegenwart. Als stärkstes Bezugsfeld diente ihm dabei das Alltagsleben.
Der Kurzfilm von Hartwig Bischof, Künstler und Wissenschaftler, „denkt“ einige Ansätze von Certeau mit bildnerischen Mitteln weiter. Im Unterschied zu einem Dokumentarfilm treffen hier zwei unterschiedliche Arbeitsweisen aufeinander, die eine ist vornehmlich Texten, die andere ist Bildern verpflichtet. Gemeinsam ist beiden, dass sie den Blick auf die Grundlagen richten und dass sie jene Werkzeuge in den Mittelpunkt stellen, mit denen wir uns Zugänge zur Wirklichkeit erarbeiten (können). Beide begnügen sich nicht mit Symptomen, sondern peilen jeweils jene kritischen Situationen an, die echte Entscheidungen ermöglichen. Das Mysterium tut sich erst dann voll auf, wenn alle Rätsel gelöst sind...
Mitschnitt des Gesprächs zwischen Hartwig Bischof und Johannes Rauchenberger
Hartwig BISCHOF
studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Wolfgang Hollegha Malerei, sowie Philosophie und Theologie. Arbeitsaufenthalte führten ihn nach Frankreich, Indien, Sri Lanka und in die USA. Seine Arbeiten befragen unsere durch technische Mittel veränderte Wahrnehmung; daraus resultiert ein klares Konzept, in dem Wiederholung, Verschränkung, die Aufteilung in Zonen sowie das Spiel zwischen Nähe und Ferne zu einer umfassenden Rhythmik gebündelt werden. Die Notwendigkeit zur erschwerten Form provoziert dabei ein verlangsamtes Sehen und eine bildkünstlerische Sichtbarkeit, die über die Fixierung eines Zustandes hinausgehen und als Bilderbilder eine spezifische Logik der Empfindsamkeit zeigen. Im KULTUM wurde Bischofs Werk in den Personalen „Hartwig Bischof. Obliterationen“ (2004), "Bilderbilder. Sichtbarkeitshäufungen von Hartwig Bischof" (2019) und in der Gruppenausstellung „IRREALIGIOUS! Parallelwelt Religion in der Kunst“ (2011/12) gezeigt.
Michel de Certeau
bediente sich als Historiker interdisziplinärer Methoden, vor allem aus der Sprachphilosophie, der Soziologie, der Psychoanalyse und der Theologie. In seinen punktgenauen Analysen arbeitete er die Mentalitätsgeschichte der Moderne auf und liefert damit herausragende Werkzeuge zum Verständnis unserer Gegenwart.