Führungen mit Kurator Johannes Rauchenberger #PROPAGANDA #FAHNEN Gesprächspartner: Hannes Priesch
De Propaganda Fide. Hannes Priesch, Fahnen, 2015. Foto: Kultum Graz
„Es darf keine Propaganda-Ausstellung werden!“ Das war die conditio sine qua non der damaligen Kunsthaus-Chefin Barbara Steiner (2016–2021) für eine Kooperation des Kunsthauses Graz mit den Kuratoren von „800 Jahre Diözese Graz-Seckau“. Prinzipiell erschien alles nach diesem Erstgespräch möglich – mit Ausnahme der Propaganda
eben. Das Verdikt, das nebenbei auch die moralischen Standards vorweg abgesteckt hat, trifft freilich die Sache: Denn Propaganda hält etwas hoch, was eigentlich nicht stimmt. Weshalb sie zurecht in Misskredit geraten ist. Kurzum: Propaganda hilft oft nach, wenn eine Sache nicht von sich aus überzeugt.
Der Propagandabegriff, das zeigt die Geschichte, ist einer enormen Mutation unterworfen. Er beginnt tatsächlich bei der katholischen Gegenreformation mit der Gründung „sacra congregatio de propaganda fide“ im Jahre 1622.
Schon im 18. Jahrhundert wird er als Kommunikationstechnik der Gegenaufklärung negativ konnotiert, später wird er eine universell einsetzbare Technik zur Verbreitung von Ideologien. Nicht nur die französische Revolution, auch restaurative Kräfte eignen sich ihn an. Die Arbeiterbewegung wird ihn später als wichtiges Mittel zur Agitation verwenden. In den beiden Weltkriegen wird Propaganda zum unverzichtbaren Teil Bestandteil der Kriegsführung. All diese Aspekte schwingen in den Fahnen von Hannes Priesch, der am 3. Dezember Gesprächspartner in der Kuratorenführung von Johannes Rauchenberger ist, mit. Er erinnert an die Fahnenkultur von Politik und Religion, deren Geschichte ein ganz spezielles „graphic design“ aufweist und als solches künstlerisch inszeniert wird. Priesch hat ein tiefes Misstrauen in gewaltsame Formierungen eines „Wir-Gefühls“, das er gerade in der ausgeprägten Fahnenkultur von Gemeinschaften sieht: In ihr entfacht die religiös-patriotische, die identitätsstiftende, aber eben auch abgrenzende Haltung ihre jeweiligen Energien.