Jugend ohne Gott: Diagonale-Diskussion zum Nachhören | PREIS des KULTUM für den besten KURZDOKUMENTARFILM auf der Diagonale 22 für AUGUSTS ORTE
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Preis für den besten Kurzdokumentarfilm 

 

In diesen Minuten geht die Diagonale '22 zu Ende. Ich freue mich, bei der eben stattfindenden Preisverleihung die Regisseurin Valérie Pelet für ihren Film AUGUSTS ORTE auszuzeichnen: Es ist der Preis für den besten Kurzdokumentarfilm in der Höhe von € 4000,–, den das KULTUM  schon seit Jahren stiftet.

Die Jury (Sophie Gmeiner, Preisträgerin vom Vorjahr, Doris Bauer (Festivalleiterin des internationalen Kurzfilmfestival VIENNA SHORTS), Jan-Hendrik Müller (Filmwissenschaftler an der Universität Wien)) begründet ihre Entscheidung mit den Worten, die FILM-Kuratorin Natalie Resch bei der Preisverleihung verlesen wird:


"In den Ansichten des drückenden Monats August erschließt sich die Fragilität von Grenzen inner- und außerhalb Europas. Durch die herausragende Collage von Bild und Text erzeugt die Filmemacherin eine Konfrontation der Zusammenhänge von Reise, Tourismus, Arbeitsmigration wie Flucht. Der Film stellt so eine wertvolle Vermessung europäischer Geschichte und Gegenwart dar. Der essayistische und enigmatische Text schreibt sich in die Bilder bekannter wie unbekannter Orte ein und legt die brüchigen Verbindungen vielfältiger historischer, persönlicher wie politischer Versatzstücke frei."

 

Videostill aus AUGUSTS ORTE von Valérie Pelet: Der Ferienmonat August, in dem alle am Strand sind „auf der Suche nach einer neuen Hautfarbe“, gerät für Regisseurin zum Trip durch Raum und Zeit. Sie fährt im Jahr 2020 (dem ersten Corona-Sommer) jene Fluchtroute ab, die ihr Schwager, der seinen Aufenthaltstitel im Schengenraum verloren hat, von Marokko nach Österreich nahm. Ergebnis ist ein Journal, das die Urlaubsfreude gefrieren lässt.

 

Valérie Pelet, geboren 1981 in Rum (Tirol), studierte von 2003 bis 2008 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Monica Bonvicini und Harun Farocki, von 2006 bis 2008 Visuelle Künste an La Cambre in Brüssel (BE). Sie lebt und arbeitet in Wien und Marseille.

 

 

 

Am vergangenen Freitag fand im Rahmen der Diagonale die auch aus der Distanz von zwei Tagen höchst gelungene Podiumsdiskussion mit den Regisseurinnen Kurdwin Ayub und Cristina Zerr, dem Soziologen Christoph Novak und der Sozialwissenschaftlerin und Pastoraltheologin an der Universität Wien Regina Polak zum Thema 

JUGEND OHNE GOTT. Identitätssuche on- und offline

statt. Es lohnt sich sehr, in die Diskussion, die von Diskurskurator Florian Traussnig souverän geleitet wurde, hineinzuhören!

 

Diskussion im KULTUM mit Regina Polak (Theologin), Kurdwin Ayub (Regisseurin "DIE SONNE"), Christoph Novak (Soziologe), Cristina Zerr (Regisseurin "DER STILLE STURM") und Moderator Florian Traussnig (von links nach rechts)

 

Einige Diskussions-Splitter als Appetizer, hineinzuhören: Regina Polak plädierte in der Diskussion dafür, nicht nur nach dem Vorkommen von religiösen Symbolen zu fragen, sondern nach den Inhalten zu forschen, die mit dem Benützen religiöser Symbole verbunden werden. Polak diagnostizierte in ihrer Beobachtungen zu den beiden Filmen, dass zwar sehr viel über Religion gesprochen werde, aber kaum über das Wort Gott selbst: dieses Sprechen sei mittlerweile intimer als das Sprechen über Sexualität. Religion werde zwar als soziale Praxis, als Engagement für Bedrängte (etwa im Engagement für Flüchtlinge) akzeptiert, in der Identitätsfrage mit ihren Konflikten thematisiert, die Frage nach religiösen Inhalten bleibe aber weitgehend ausgespart. Allein das Vorkommen von Religion sei zu wenig, Religion sei per se weder gut noch schlecht, es müsse nach den Inhalten gefragt werden, was man mit "Glaube" oder "Gott" verbinde. Die europäische Wertestudie weise seit Jahrzehnten eine kontinuierlich hohe Rate zur Zustimmung zu "Gott" auf, die Zugehörigkeit zu Kirchen allerdings schwinde dramatisch. Das sei auch Frucht eines neoliberalen Weltgefühls: Eine große Erosion stabiler, sozialer Zugehörigkeiten sei in unseren Gesellschaften zu beobachten: Soziale, religiöse Strukturen seien massiv fluide geworden – das sei die Frucht des Neoliberalismus, so Polak. Am Ende sei das Individuum sich selbst überlassen, damit bleibe nur mehr der Kampf um die Identität, das eigene Selbst, den eigenen Körper. Gleichzeitig gibt es einen Kampf junger Menschen (Fridays for future, black live matters, das Engagement im Flüchtlingsbereich etc...), wo neue Formen von Gemeinschaftsbildungen stattfinden. 

 


 

Ostern bzw. die Karwoche ist vielleicht auch ein Anlass, einen ersten Ausstellungsbesuch in Manfred Erjautz' DINGEN | THINGS einzuplanen, ist doch das Thema von Tod und Transzendierung des Todes, ein mehr als 30-teiliger "Totentanz" ein wichtiges in dieser Ausstellung. Und eine Uhr, deren Zeiger für die Stunden, Minuten und Sekunden der Corpus Christi ist. 



 

Manfred Erjautz: Your own personal Jesus, 2012–2016: Ein historisches Kruzifix aus dem 19. Jahrhundert wurde vom Künstler zu einer Uhr umgebaut.

 


 

Am kommenden Dienstag findet der erste (leider schon ausgebuchte) Kunstworkshop für junge und auch nicht mehr so junge Menschen statt: Veronika Reiter und Kathrin Kapeundl lassen die Kinder dabei ganz nah Uhren hören, bei Steinen lauschen und natürlich darf unser eigenes Echo nicht fehlen. Planen Sie für Ihre Kleinen eine der Folgetermine ein ...

 

WEITERE TERMINE: DI, 12. April / SA, 23. April / SA, 30. April / SA, 28. Mai / SA, 11. Juni / jeweils 10 – 11.30 Uhr /

 

Dankbar für die so gute Zusammenarbeit mit der Diagonale grüße ich Sie herzlich 
in der beginnenden Karwoche

im Namen des KULTUM-Teams,

Johannes Rauchenberger

 

 


 

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