Ein Vortrag beim Treffen der österreichischen systematischen Theologie vom 29.4.2022 im KULTUM als Nachlese
Hat Theologie ein Interesse für Kunst? Wenn man die Frage nicht rhetorisch stellte, so müsste man sie doch bejahen: Denn ihre Diskurse hat sie immer schon in Abgrenzung zur jeweiligen Kultur, in Sympathie oder Erweiterung zu ihr vorangetrieben. Gegenfrage: Hat aber auch die Kunst ein Interesse an Theologie? Das war jedenfalls einmal der Fall. Und heute?
Zum diesjährigen Treffen der österreichischen systematischen Theologie am vergangenen Freitag (29. April 2022) im KULTUM in Graz wurde der Schwerpunkt "Kunst und Theologie" behandelt. (Das KULTUM wurde dabei als "Aussenstelle" des Instituts für systematische Theologie und Liturgiewissenschaft bezeichnet:) Ich wurde eingeladen, die Fragestellung vor dem Hintergrund des Ortes zu erörtern: Dabei ging ich im ersten Teil vor allem historisch vor – auch was unseren Ort, dessen Renovierungsabschluss am kommenden Mittwoch festlich begangen wird, betrifft. Die Eggenberger, die Sponsoren von damals, waren eng mit dem Projekt "Gegenreformation" von Erzherzog Ferdinand II. (das von Graz ausgegangen war!) verbunden und sind in der Mariahilferkirche begraben, wie auch Pietro de Pomis, der Architekt der Minoriten, des Schlosses Eggenberg und des Mausoleums.... Und ich erinnerte in einem kurzen "bildtheologischen Rap" an Positionen aus der Bildtheologie zur Bildfrage. Aber wie war es dann später in der Moderne? Gerade Ausstellungen zu Kunst und Religion haben ganz neue Sichtweisen dazu eingebracht, auch in Graz. Eine systematische Frage begleitete den Vortrag: Kann Kunst als "locus theologicus" bezeichnet werden? Die Frage wurde das erste Mal von Alex Stock (1927–2016) 1993 gestellt. Seine Poetische Dogmatik war jedenfalls eine einleuchtende Antwort darauf, die er in 11 Bänden ausführte. ("Locus theologicus", am besten mit "Quelle theologischer Erkenntnis" übersetzt, ist ein Begriff des spanischen Theologen Melchior Cano, der als Begründer der kath. Fundamentaltheologie gilt.) Doch so sehr die Bilder einmal ein zentrales Vermittlungsmedium und auch Präsenzbehauptung waren, in die engeren Diskursorte der Dogmatik wurden sie nicht eingelassen. Der ehemalige Professor für Fundamentaltheologe in Graz, Gerhard Larcher, forderte deshalb auch eine "ästhetische Vernunft" ein.
In seinem 2. Teil führte der Vortrag ein Museum für Gegenwartskunst und Religion vor, das in zehn Räumen konzipiert ist. 2015 als Buchmuseum entworfen, werden die einzelnen Räume nach und nach aufgefüllt: Das ist die Idee des KULTUMuseums. Die jüngsten Zuwächse: Werke von Guillaume Bruère, Judith Zillich und Manfred Erjautz. Sie befinden sich (vermutlich) im "Raum 02", der sich mit christlich codierten Bildern aus der Perspektive der Gegenwartskunst auseinandersetzen. Sie werden nicht nur als theologisch relevant ausgewiesen, sondern sie verbinden sich mit dem Zentrum theologischer Erkenntnis und Reflexion: Was lässt sich dabei Neues finden, die die primären Texte, auf die sich beziehen, vielleicht sogar neu weiterschreiben? Das wäre jedenfalls eine kühne These einer dynamischen Sicht eines Verständnisses von Offenbarung.