6 Ausstellungen, an der 8 Institutionen aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt sind, werden am kommenden Mittwoch, den 21. September, um 17 Uhr in einem Grand Opening im Hof des Minoritenzentrum eröffnet: Ihr Überthema: „KUNST DER VERFÜHRUNG“.
„DE PROPAGANDA FIDE. Überraschende Glaubenswerbungen der Katholischen Kirche“ – der Ausstellungsbeitrag des KULTUM – fragt danach, wie man das Begehren der Religion, des Glaubens und der Kirche als öffentliches Werben um Zustimmung verhandeln kann.
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„Kunst der Verführung“, so war meine Spontanreaktion in unserem gemeinsamen Diskurs, ist nicht einfach eine Frage von Werbung, es ist vor allem eine barocke Idee. Gerade da setzte man auf die persuasio, die Überzeugungskraft durch Bilder. Etwas augenzwinkernd ist es in diesem Großkonzert von Ausstellungen die Verführungskunst durch Bilder für Glaubensdinge, die wir mit unserer corporate identity als Museum für Gegenwartskunst und Religion dazustellen könnten: Man kann sich dabei nicht um die Geschichte drücken. Schließlich ist das Kulturzentrum bei den Minoriten hinter der markanten Silhouette der Mariahilferkirche und im großen Komplex eines alten Klosters untergebracht. Der Subtext ist eine „Macht des Ortes“, wie Harald Seuter, einer der beiden Gründer des Kulturzentrums das gerne nannte. Es ist eine Schwelle in eine andere Welt – architektonisch, geistig, spirituell. Heute nennt man es einfach Flair. Aber wie ist das alles entstanden? Im Barock war man nicht zimperlich, was die Propaganda fidei durch Bilder angeht ... Wie auch immer: Ein Teil der Folie der „Kunst der Verführung“ ist auch einem kunsthistorischen Nachholbedarf geschuldet – die Renovierung des Minoritensaals und seiner Fresken ist noch jung, und auch „Mariahilf“ ist mit seiner Fassade und seinem berühmten Bild einmal einer näheren künstlerischen (und theologischen) Betrachtung wert ...
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Propaganda fidei an der Fassade an der Mariahilferkirche: Es geht groß zu. Philipp Jakob Straub: Der Erzengel Michael bezwingt den Teufel (1744).
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Und andererseits ist es aber auch zeitdiagnostische Schärfe, die die eigentliche Ausstellung begleitet: Denn nach Glaubenspropaganda ist uns allen in einer kirchlichen und gesellschaftlichen Phase extremer Krisen, der Erschöpfung, des Auseinanderdriftens nicht zumute. Es ist gerade keine Zeit für propaganda fidei, bei Gott nicht. Die Inanspruchnahme seines Namens für Missbrauch, Gewalt und Krieg (noch immer, siehe Moskau!), der Zustand der Welt insgesamt, das Offenkundigwerden von Glaubensarten, die in der Zeit der Corona-Pandemie sichtbar wurden, der aktuelle Zustand der Kirche – propagandatauglich ist das alles nicht. Überhaupt nicht.
Also: Von dieser Fallhöhe aus ist das Ausstellungsthema zu betrachten!
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DE PROPAGANDA FIDE ist einem Schriftzug entnommen, der das „Stadt-Kolleg zur Verbreitung des Glaubens“ in Rom markiert. Das war die 1622 gegründete Zentrale der Missionisierung in der Ewigen Stadt. (Bis heute ist dort die „Kongregation zur Evangelisierung der Völker“ untergebracht.) Es ist also jene faszinierende erste Jahrhunderthälfte des 17. Jahrhunderts, die wir mit „Barock in Rom“ bezeichnen – genau jene Zeit, als Mariahilferkirche und Minoritenkloster gebaut worden sind. Das war, wie mir immer deutlicher wird, kein Provinz-Ereignis. Die Herrscher von damals (Ferdinand II. von Innerösterreich, ab 1619 Kaiser in Wien und Hans Ulrich von Eggenberg) haben sich in Glaubensdingen besonders hervorgetan und waren eng mit dem Papst vernetzt – dieser hat ihn sogar reich belohnt. Nicht nur die „Früchte", auch die religionspolitischen Schatten sind groß.
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So markiert der Titel schon von Anfang an auch eine gewisse Doppelbödigkeit, wenngleich den Machern von damals der Titel DE PROPAGANDA FIDE keineswegs peinlich gewesen wäre. Im Gegenteil. Sichtbar ist diese Janusköpfigkeit in der historisch gewachsenen Allianz von Messianismus und Macht, von moralischen Appellen und Scheinheiligkeit, von Religion und Nationalismus, Glaube und Irrationalität, von Betteln und Reichtum und so fort.
Gemeinsam mit historischen Werken vor Ort und mit solchen zeitgenössischer Kunst aus unserer Sammlung für Religion in der Gegenwartskunst (Nives Widauer, G.R.A.M., Marianne Maderna, Lukas Pusch, Ewa Harabasz), mit aktuellen Beiträgen (zweintopf, Hannes Priesch) und mit Video-Gesprächen mit Zeitzeugen von Persönlichkeiten, die Öffentlichkeitsauftritte der letzten 70 Jahre möglich gemacht haben (Josef Wilhelm, Harald Baloch, Heinrich Schnuderl, Fritz Haring, Herbert Beiglböck, Franz Küberl, Georg Plank, Thomas Bäckenberger) werden Plakate der „Katholischen Kirche der Steiermark“ aus den letzten 70 Jahren gezeigt (Karl Neubacher, Richard Kriesche, Alois Neuhold, Christian Bretter, büro bauer, sowie Kampagnen der Diözese Graz-Seckau und der Caritas), die von Selbstkritik, einer Einmischung in die Gesellschaft und vom Mut zur Kirchenreform erzählen. Die aber vielfach stecken blieben! Und deshalb zunehmend historisch werden, die gerade jetzt gezeigt werden müssen.
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Karl Neubacher: "nur sich bekreuzigen hilft nicht...", 1972. Foto: Hans Georg Tropper. Plakatsujet für die Plakatserie der "Katholischen Kirche der Steiermark", 1972. Mit freundlicher Genehmigung von Michael und Antonia Neubacher
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Die in diesen Plakaten und Öffentlichkeitsauftritten sichtbar werdenden gesellschaftlichen Engagements und gleichzeitig auch massiven Reibungsflächen machen sie zur Vorhut für spätere kirchliche (und gesellschaftliche) Großkonflikte. Auch wenn sie jetzt musealisiert erscheinen – gerade darin wird die Ausstellung für mögliche Zukunftsperspektiven aktuell: denn wie auch viele anderen Sektoren der Gesellschaft stellt sich derzeit auch der kirchliche und religiöse völlig neu auf.
In 12 Abteilungen wird die Ausstellung entwickelt, mehr davon lesen Sie hier >>
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Mit einer In-situ-Intervention von zweintopf, historischen Werken von Giovanni Pietro de Pomis, Antonio Maderni, Johann Baptist Raunacher, Philipp Jakob Straub, Joseph Adam Mölck und zeitgenössischen Arbeiten von Karl Neubacher/Hans Georg Tropper, Lukas Pusch, Ewa Harabasz, Nives Widauer, G.R.A.M., Hannes Priesch, Marianne Maderna, Richard Kriesche, Alois Neuhold, Christian Bretter, büro bauer/Wien
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Herzlich lade ich Sie zu dieser Ausstellung, die bis zum 14. Jänner 2023 dauert, ein! Wir werden sie auch in vielen Führungen vermitteln. Geöffnet ist sie von DI–SA von 11 bis 17 Uhr und sonntags von 14–17 Uhr.
Ihr,
Johannes Rauchenberger
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Ein Gemeinschaftsprojekt mit CIS - Creative Industries Styria, Kunsthaus Graz, KULTUM – Kulturzentrum bei den Minoriten, HDA – Haus der Architektur, GRAZ MUSEUM, Design-Forum-Steiermark, FH-Joanneum/Grafikdesign, Ankünder, initiiert von Siegfried Gruber.
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FH-Joanneum/Grafik-Design
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Ankünder (Kuratiert von Siegfried Gruber)
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