Mit Kerstin Preiwuß kommt eine lyrische Stimme nach Graz, die ausgezeichnet mit dem Lyrikpreis Meran nach den wunden Punkten im Leben sucht. Mit ihrem dritten Gedichtband „Taupunkt“ führt sie also fort und beschließt, was sie mit dem Band „Rede“ begann und in „Gespür für Licht“ weiterverfolgte: Für die Dauer einer Nacht setzt ein Sprachstrom ein, vergleichbar mit einem tiefen Einatmen, das unerschrocken durch alle Schichten des Ichs dringt. Dort nämlich setzt ihr Dichten an und sucht Zusammenhänge zwischen Sprache und Atem, zwischen Sprache und Körper. So entwickelt Preiwuß in rätselhaft zarten und klangmagisch aufregenden Gedichten geheimnisvolle Schöpfungsgeschichten, Fantasien von „Taupunkten“, die zu Verwandlungs- und Aufenthaltsorten für menschliches, tierisches und pflanzliches Dasein werden. Wie naturmystische Wasserstoffzüge steigen diese Gedichte auf, dorthin, wo Bewegung und Ruhe im Gleichklang sind und das Denken sich von seinen Absichten löst, am Taupunkt der Sprache also, wo die Worte wie Wasserdampf in der Luft enthalten sind, denn von da aus kondensieren sie oder schlagen sich nieder als Tau.
Begleitet wird Kerstin Preiwuß von Nadja Küchenmeister, die ebenfalls aus ihrem dritten Gedichtband „Im Glasberg“ lesen wird, einem Band, der völlig vertraut auf den poetischen Ausdruck, die literarische Tradition des Märchens und den Alltag als Quell poetischer Verwandlungen. Küchenmeisters Gedichte haben etwas zutiefst Kindliches, in dem sie Ich und Du, Innen- und Außenwelt miteinander verschmelzen.
Bisher fanden in dieser Reihe zwei Abende statt: Thomas Ballhausen lud Helwig Brunner ein, Franz Dodel las mit Mila Haugová. Nun folgen Kerstin Preiwuß und Nadja Küchenmeister und am 25. Juni Christoph Wenzel und Karin Fellner.
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